Fußball-Zweitligist VfL Bochum 1848 hat sich aktuell in eine starke Position manövriert. Sportlich sind die Bochumer, in dessen Stadion traditionell die „Bochum-Hymne“ von Herbert Grönemeyer ertönt, nach sechs Spieltagen auf den 2. Tabellenplatz gestürmt. Und auch auf dem digitalen Terrain überzeugt das VfL-Marketing mit einer kontrollierten Online-Offensive. So gelang es dem VfL inmitten bzw. trotz der Corona-Pandemie in der abgelaufenen Saison sogar neue Bestwerte bei den Dauerkarten, im Merchandising und bei der Anzahl verkaufter Trikots zu generieren. Im Gespräch mit dem VfL-Marketingleiter Fabian Weitkämper rückt daher das Online-Marketing als Gamechanger in den Mittelpunkt. Zudem liefert der seit fünf Jahren für den VfL Bochum 1848 tätige Marketer Einblicke in den Entwicklungsprozess des VfL-Marketings und benennt Highlights und Herausforderungen.

web-netz Sports: Fabian, seit Januar 2016 bist du für den VfL Bochum 1848 als Marketer am Ball. An der Fakultät für Sportwissenschaft in Bochum hast du 2008 dein Diplom als Sportwissenschaftler mit dem Schwerpunkt „Sportmanagement“ gebaut. Welchen persönlichen Bezug hattest du vor deinem Amtsantritt zum VfL?  

Fabian Weitkämper: „Ich bin gebürtiger Bochumer und aufgewachsen in unmittelbarer Nähe zum Ruhrstadion. 20 Jahre lang habe ich selbst Fußball gespielt und von klein auf stand ich als Fan in der „Ostkurve“. Während des Studiums übte ich diverse Tätigkeiten im Sport aus, unter anderem drei Jahre sportjournalistische Arbeit für „RevierSport“. Meinen Einstieg hatte ich 2008 beim damaligen Zweitligisten SC Rot-Weiß Oberhausen – und zwar sehr emotional und intensiv mit allen Höhen (drei Jahre 2. Bundesliga) und Tiefen, bis hin zum Doppelabstieg in die 4. Liga.“

Fabian Weitkämper leitet seit Anfang 2016 die Marketingabteilung beim VfL Bochum 1848.

Bildnachweis: VfL Bochum 1848 / Tim Kramer

web-netz Sports: Eine interessante und lehrreiche Zeit?

Fabian Weitkämper: „Auf jeden Fall. Die knapp acht Jahre reichten für eine komplette „Funktionärskarriere“ im Fußball. Drei Monate Praktikant, ein halbes Jahr Leiter Merchandising, dann Assistent des Vorstands. Mit den Abstiegen kamen dann nach und nach noch weitere Aufgaben hinzu: Pressesprecher & Medienverantwortlicher, Leiter des Leistungszentrums, Leiter Marketing/Sponsoring und Teammanager.

Entscheidend war, dass ich von Anfang an sehr viel Eigenverantwortung und Kreativität einbringen konnte und musste, um trotz geringer Budgets gute Lösungen zu finden. Durch erfolgreiche Kampagnen und Kontakte in der Heimatstadt ergab sich 2015 dann die Möglichkeit, Anfang 2016 als Leiter Marketing beim VfL einzusteigen.“

web-netz Sports: Zwischen Januar 2016 und November 2020 hat sich im Profifußball sehr viel getan, auch ohne Corona. Was erinnerst du spontan als größte Unterschiede und Entwicklungssprünge beim VfL?

Fabian Weitkämper: „Zum Start im Januar 2016 fiel die Neustrukturierung durch „Trennung“ zwischen Vermarktung und Marketing besonders ins Gewicht. Ziel war hier eine klare Markenführung. Weitere Ziele lauteten unter anderem Markenschärfung, Kampagnensteuerung, Werbung, Digitalstrategie, Projektarbeiten. Dieser Neuaufbau der Abteilung Marketing mit zunächst drei Mitarbeitern (inklusive Grafiker) kam anfangs einer Inhouse Agentur gleich.

Einen Meilenstein stellte im Frühjahr 2016 die erstmals „digitale“ Mitgliederkampagne dar, als wir eine Steigerung von etwa 5.000 Mitgliedern auf über 10.000 innerhalb eines Jahres bejubeln konnten. Zudem sind unter vielen Projekten diese Themen als Entwicklungssprünge zu nennen:

2017 neue Website, Aufbau einer Content-Abteilung 2018 als Marketing-Unit (drei Mitarbeiter inkl. Video-Experten) für Website, Social Media etc. Hinzu kommen Launch einer neuen App ebenfalls 2018, 2019 dann Erweiterung der Bereiche E-Mail-Marketing, Online-Marketing & Social Media Marketing sowie Launch eines neuen Onlineshops Anfang 2020!

Das alles hatte zur Folge, dass durch die Vielzahl der neuen vornehmlich digitalen Themen/Projekte eine Erweiterung der Abteilung Marketing von ursprünglich drei auf inzwischen acht Mitarbeiter stattfand.“

web-netz Sports: Womit wir beim Thema Teamstruktur und Führung sind. Wie lauten deine Gedanken dazu?

Fabian Weitkämper: „Wie erwähnt, hat sich die Abteilung seit 2016 sehr stark weiterentwickelt. Waren zuerst noch Vermarktung/Vertrieb und Marketing eins, erfolgte durch die Aufsplittung der Effekt, dass die „Marke“ immer mehr in den Vordergrund rückte. Wichtig war es also, ein junges Team aus Experten für klassisches Marketing, vor allem aber auch Digitalmarketing bzw. Online-Marketing aufzubauen, um alle erforderlichen Themen und Projekte abdecken zu können.

In den fast fünf Jahren und mit inzwischen acht Mitarbeitern hat bei den Kollegen mehr und mehr eine Spezialisierung stattgefunden für Content, Video, Grafik, Kampagnensteuerung etc.

Meine Aufgaben haben sich dabei natürlich auch verändert. Mittlerweile zählt ganz wesentlich dazu, alles zu koordinieren innerhalb der Abteilung, aber auch in Zusammenarbeit mit sämtlichen anderen Abteilungen. Jeder hat seine Stärken, auf die ich voll vertraue. Jeder kann sich bei Themen und in Abstimmungsprozessen einbringen. Ich greife allerdings auch ein, wenn mir Dinge oder Ansätze nicht gefallen.“

Zwei Fußballspieler mit verschränkten Armen vor blauem Hintergrund
Bildnachweis: VfL Bochum 1848

web-netz Sports: Auf der Mitgliederversammlung Ende Oktober konnte der VfL aus der Vorsaison neue Bestwerte bei den Dauerkarten, im Merchandising und bei der Anzahl verkaufter Trikots generieren! Welche Rolle spielt dabei die Online-Marketing-Strategie?

Fabian Weitkämper: „Im Zuge der Digitalstrategie hatten wir uns 2018 auf die Suche nach einer auf Online-Marketing spezialisierten Agentur gemacht. Das zahlt sich jetzt verstärkt aus. Seit Anfang 2019 haben wir uns mit euch von web-netz verstärkt. Inzwischen setzen wir Social-Ads, Google Display-Werbung, Affiliate-Marketing, SEO und weitere Digitalthemen mit eurer Sport-Unit web-netz Sports um, und zwar äußerst erfolgreich. So ist die Onlinepräsenz längst ein kräftiger Hebel, um Bestwerte bei Dauerkarten, beim Zuschauerschnitt und zum Beispiel im Merchandising zu erzielen. Und speziell der digitale Transport von Kampagnen wie beispielsweise zum Corona-Sondertrikot „Back in Black“ bescherte große Extra-Einnahmen.“

schwarzes Bochumer Trikot vor schwarzem Hintergrund
Der VfL Bochum 1848 versteht sich als Teil der Bochumer Gemeinschaft. Das Corona-Sondertrikot „Back in Black“, das anfangs auf 1.848 Trikots limitiert sein sollte, erfreute sich im April einer riesigen Nachfrage. Der Erlös aus einer Versteigerung der Matchworn-Trikots kam der BOCHUMER GEMEINSCHAFT sowie sozialen Projekten und Einrichtungen zugute. Bildnachweis: VfL Bochum 1848

web-netz Sports: Tragen diese finanziellen Fakten dazu bei, die Positionierung von Online-Marketing im Gesamt-Marketing weiter aufzuwerten?

Fabian Weitkämper: „Das stärkt in jedem Fall noch einmal das Vertrauen in das Online-Marketing. Wobei es wie erwähnt inzwischen einen ganz großen Stellenwert innerhalb des VfL-Marketings eingenommen hat. So finden Kampagnen inzwischen grundsätzlich kanalübergreifend statt. Der Digital-Bereich wird von Jahr zu Jahr unaufhaltsam wichtiger, nochmals verstärkt durch die leidige Pandemie!“

web-netz Sports: Welche Verschiebungen bewirkte die Pandemie noch hinsichtlich der Maßnahmenkataloge?

Fabian Weitkämper: „Die Prioritäten wurden durch die Pandemie zuletzt ein wenig geändert. Und zwar, um das eine oder andere Beispiel zu nennen, hin zu verbesserter Nutzung von weiteren Social Media Kanälen wie LinkedIn für den B2B-Bereich, einer neuen B2B-Netzwerk-Plattform, mobilem Bezahlen im gesamten Stadion etc. Speziell Themen im Stadion können aktuell ohne größeren Zeitdruck angegangen werden, da wir wohl leider vorerst nicht mehr mit vielen Zuschauern im Stadion planen dürfen/können.“

web-netz Sports: Diese Krise setzt alle mächtig unter Zugzwang. Wie stellt es sich beim VfL Bochum 1848 intern dar?

Fabian Weitkämper:Mit Beginn der Pandemie war von einem auf den anderen Tag ein Strategiewechsel erforderlich. Home-Office, keine Ticketeinnahmen, keine Out-of-Home-Kampagnen. Alles musste in die digitalen Kanäle transportiert werden, wofür glücklicherweise vorher bereits, unter anderem dank der Zusammenarbeit mit web-netz, der Grundstein gelegt wurde. Zunächst musste die Strategie abteilungsübergreifend abgestimmt werden, damit alle „eine Sprache“ sprechen.

Ziel war es natürlich, durch kreative Ideen Einnahmen zu generieren. Durch Nutzung aller Digitalkanäle galt es die fehlenden Einnahmen aus Ticketing, Catering, stationären Fanshops etc. zumindest ein wenig aufzufangen.“

„Bei allen Marketing-Matchplänen war und ist es uns wichtig, authentisch und nah zu sein und in dem Zuge in der Krise auch an die Stadt und die Leute zu denken, denen es vielleicht noch schlechter ergeht.“

Fabian Weitkämper, VfL Bochum 1848

web-netz Sports: Zuletzt ist immer wieder auch von der Initiative „BOCHUMER GEMEINSCHAFT“ die Rede. Was hat es damit auf sich?

Fabian Weitkämper: „Bei allen Marketing-Matchplänen war und ist es uns wichtig, authentisch und nah zu sein und in dem Zuge in der Krise auch an die Stadt und die Leute zu denken, denen es vielleicht noch schlechter ergeht. Daher auch die BOCHUMER GEMEINSCHAFT als Sozialmarketing-Initiative mit Trikotkampagne, Akustikheimspiel, Spendensammlung usw.

Da kommt dann auch die Wirkungskraft von Storytelling ins Spiel, mit der für uns dann wiederum äußerst erfolgreich Sondertrikots, Geisterspiel- und Wohnzimmertickets veräußert werden konnten und können – fast ausschließlich über die Digitalkanäle möglich und machbar! Letztlich konnte die „Story“ dann auch beim Launch der neuen Trikots zur aktuellen Saison in Verbindung mit der Vereinshistorie und -haltung weitererzählt werden: ‚Fußball, wie er immer war‘ – ‚Was bleibt, sind unsere Werte.‘ “

Drei Männer in Fußballtrikots vor blauem Hintergrund. Was bleibt, sind unsere Werte
Legendär: Altbewährte ehemalige Fußball-Profis des VfL Bochum 1848 (v.l.): Michael „Ata“ Lameck und Dariusz Wosz. Patrick Fabian (r.), seit seinem 13. Lebensjahr im VfL-Dress am Ball, beendete seine langjährige Karriere am Saisonende und arbeitet seitdem als Assistent der Geschäftsführung Sport. Bildnachweis: VfL Bochum 1848

web-netz Sports: Wie entwickeln sich die digitalen Ansprüche in der Zusammenarbeit mit Partnern und Sponsoren?

Fabian Weitkämper:Auch hier mussten wir von Anbeginn der Pandemie kreative Lösungen finden, um den Ansprüchen der Partner gerecht zu werden und Vertragsinhalte erfüllen zu können. Klassische Werbung und Präsenz der Partner wurde und wird auch jetzt noch in Digitalformate transferiert (Website, Social Media, App, Videoformate usw.).

Das war auch für uns ein gutes Learning, um auf Partner zugeschnittene Lösungen in den digitalen Kanälen zu finden. Unter anderem dadurch konnten wir auch erreichen, die Regressansprüche der Partner aus den letzten Partien der abgelaufenen Saison zu minimieren. Daneben konnten wir für unsere Partner, in Zusammenarbeit mit web-netz, digitale Sponsoring-Verlängerungen durch Kampagnen über unsere Kanäle ausspielen.“

„Ein Großteil des klassischen Marketings muss digitalisiert werden, gleichzeitig müssen sich aber auch alle Interessengruppen mitgenommen fühlen.“

Fabian Weitkämper, VfL Bochum 1848

web-netz Sports: Im Vergleich zur Profifußball-LinkedIn-Analyse im September, als der VfL mit einem Best Case Video-Content aufhorchen ließ, steigerte der mit der „Bochum“-Stadionhymne von Herbert Grönemeyer eng verbundene Club mittlerweile seine Followergruppe und zog am 1. FC Nürnberg vorbei auf Rang 3 in der LinkedIn-Liga der Zweitligisten.

Welchen Wegweisern gedenkt der VfL Bochum 1848 mit Blick auf Digitalmarketing inmitten der Corona-Pandemie weiterhin zu folgen?

Fabian Weitkämper: „Es ist ein Weg der Information, Interaktion, der Neu- und Weiterentwicklung. Ein Großteil des klassischen Marketings muss digitalisiert werden, gleichzeitig müssen sich aber auch alle Interessengruppen (Fans, Partner, Mitarbeiter etc.) mitgenommen fühlen. Das ist ein Spagat zwischen ‚Tradition und Innovation‘, immer abgeleitet aus den eigenen Werten im Leitbild.“

Das größte Problem ist allerdings die Planbarkeit. Da sich die Pandemie dynamisch entwickelt, muss es zu jeder geplanten Kampagne und auch zu Weiterentwicklungen im digitalen Bereich immer auch einen Plan B und C geben. Daraus ergibt sich auch ein genaues Abwägen, wie sowieso schon gekürzte Budgets strategisch am besten eingesetzt werden sollten.“

„Wir entwickeln uns aktuell beispielsweise im Bereich B2B ständig weiter durch die erwähnte Bespielung der digitalen Business-Kanäle, einer Netzwerk-Plattform und regelmäßig stattfindender B2B-Marketing Abstimmungen zwischen Marketing und Vermarktung. In dieser Richtung haben wir auf jeden Fall noch das eine oder andere in der Pipeline…“

Vielen Dank für das Gespräch, Fabian!

Friedhelm Mienert


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Bildnachweis Titelbild: VfL Bochum 1848