Fußball-Bundesligist SV Werder Bremen biegt nach dem prestigeträchtigen und sportlich so wichtigen 1:0-Sieg im Nordderby gegen den Hamburger SV Ende Februar optimistisch auf die Zielgerade der Saison ein. Optimismus verbreitet auch die Einstufung des Forschungsteams um Wirtschaftsprofessor David Woisetschläger, der Werders Marken-Stärke in der jährlichen Fußballstudie zur Wahrnehmung der Vereinsmarken auffällig hoch einschätzte: Fußballstudie 2017 – Die Markenlandschaft der Fußball-Bundesliga
Im Interview mit Werders Dominik Kupilas, Head of Content & Digital aus der Direktion Kommunikation, erfuhr web-netz sports von grün-weißen digitalen Aktivitäten in China. Auch ein fanfreundliches Talk-Format überzeugt als Beispiel für relevante Sponsoren-Einbindung mit Transferqualität über die sozialen Kanäle. Und auf YouTube drückt Werder ebenfalls auf die Tube. Werder – eine Marke mit Marktpotenzial.
web-netz sports: Herr Kupilas, wie lange sind Sie bereits im Klub aktiv, und wo waren Sie vorher am Ball?
Dominik Kupilas: Ich bin seit nunmehr gut sieben Jahren beim SV Werder Bremen tätig. Immer in der Direktion Kommunikation, aber mit stetig wachsender Verantwortlichkeit und einem bunten Strauß an spannenden sowie herausfordernden Aufgaben. Vorher war ich Student und habe bei Tageszeitungen, einem lokalen Radiosender sowie einer Marketingagentur gejobbt.
web-netz sports: Werder pflegt mit der Online-Apotheke eurapon eine Sponsoring-Partnerschaft. Wird diese auch digital gelebt oder welche Präferenzen existieren?
Dominik Kupilas: Wir stehen dafür ein, dass wir Partnerschaften nicht nur auf dem Papier abschließen, sondern diese auch mit Leben füllen. Die Ziele, die unsere Partner an die Zusammenarbeit mit dem SV Werder Bremen knüpfen, sind dabei natürlich sehr unterschiedlich – von Bekanntheit und Image über die Steigerung des Abverkaufs bis hin zur Aktivierung der Fans ist das Thema sehr breit gefächert. Im Falle von eurapon geht es im ersten Schritt primär um Bekanntheit und erst nachgelagert um die Aktivierung.
Werder bespielt chinesische Social Media-Kanäle
web-netz sports: Der asiatische Online-Gaming-Anbieter HEJI18.com ist seit dieser Saison Co-Sponsor und offizieller asiatischer Online-Gaming-Partner des SV Werder Bremen. Welche Folgen hat dieser Internationalisierungsprozess für Werders digitale Vermarktung?
Dominik Kupilas: Tatsächlich befassen wir uns – wie die meisten anderen Vereine auch – mit dem Thema der Internationalisierung. China stellt da aus mehreren Gründen einen sehr interessanten Markt für den SV Werder dar. Mit HEJI18.com sowie Yingsheng haben wir zwei Partner aus diesem Markt. Die gemeinsamen Aktionen mit den beiden Unternehmen laufen dann zumeist über unsere chinesischen Social-Media-Kanäle und weniger über Facebook, Twitter und Co., die dort durch die Regierung geblockt sind. Da wir ohnehin zielgruppen- und marktspezifisch kommunizieren, ist die Wahl der Kanäle der größte Unterschied.
web-netz sports: Die Skandinavier Delaney, Augustinsson und Moisander, das Österreicher-Duo Junuzovic und Kainz, das Tschechien-Trio Pavlenka, Drobny und Gebre Selassie – wie nimmt das digitale Werder-Marketing die Möglichkeiten mit diesen internationalen Werder-„Botschaftern“ ins Visier?
Dominik Kupilas: Die Spieler sind organisch die wichtigsten Botschafter von Bundesliga-Vereinen, das ist klar. Die Spieler strahlen in ihren jeweiligen Markt, transportieren die Werte des SV Werder Bremen in ihre Heimat und steigern dort möglicherweise auch die Bekanntheit des Vereins. Aber das gilt eben nicht nur für unsere ausländischen Spieler, sondern beispielsweise auch für Fin Bartels oder Max Kruse im deutschen Markt.
Deshalb sind wir grundsätzlich darauf bedacht, viele gemeinsame Aktionen mit unseren Spielern auf die Beine zu stellen. Wenn wir im Einzelfall einen speziellen Markt bespielen wollen, beispielsweise den österreichischen, dann helfen uns Zlatko Junuzovic und Florian Kainz dabei natürlich sehr.
web-netz sports: Max Kruse ist sportlich der Mann, der oft den Unterschied ausmacht. So auch beim 4:0-Heimsieg gegen Hannover 96, als der Edeltechniker einen Hattrick erzielte, oder gegen den VfB Stuttgart, als er das Goldene Tor markierte. Gibt es Überlegungen, den Star (152.627 Instagram Follower/ Stand 05.03.2018) bei Werder (ca. 155.106 Instagram Follower / Stand 05.03.2018) verstärkt in digitale Vermarktungsmaßnahmen zu integrieren?
Dominik Kupilas: Wie ich bei der vorherigen Frage bereits skizziert habe, haben unsere Spieler durch ihre Bekanntheit alle eine gewisse Strahlkraft. Max ist ein super Fußballer, der aufgrund seiner herausragenden Leistungen vielleicht noch ein bisschen mehr strahlt. Dass man das als Verein weiß und die Bekanntheit punktuell einsetzt, ist klar. Aber der SV Werder Bremen besteht aus mehreren hochklassigen Spielern und wir werden auch in Zukunft sehr bewusst darauf achten, unsere Bundesliga-Profis so einzusetzen, dass es authentisch ist und zu der jeweiligen Persönlichkeit passt. Denn nur dann haben die Spieler die Möglichkeit, als positive Markenbotschafter für Werder in Erscheinung zu treten.
web-netz sports: Werder begrüßt auf Instagram etwa 155 Tausend Follower und hat auf Facebook fast die 1 Million-Marke bei den Abonnenten erreicht. Auf dem deutschen Twitter-Kanal kommen die Grün-Weißen auf eine Reichweite von fast 500.000 Follower. Im Bundesliga internen YouTube-Ranking ist Werder auf den vierten Rang vorgeprescht mit etwa 57.000 Abonnenten. Wie ist Werder aufgestellt, um die zunehmenden Herausforderungen der dynamischen Social Media Kanäle zu bespielen?
Dominik Kupilas: Wir haben ein sehr kreatives, neugieriges und innovativ-getriebenes Content-Team. Wir probieren vieles aus, optimieren gute Ansätze stetig weiter und sehen es auch nicht als Scheitern an, wenn etwas nicht auf Anhieb funktioniert hat. Vielmehr verstehen wir das als Chance, auf Basis der bestehenden Grundidee weiter zu entwickeln. Das ist aus meiner Sicht die wichtigste Grundlage, um mit der dynamischen Entwicklung Schritt halten zu können.
web-netz sports: Und was sind hier die strategischen Ziele? Und welcher Werder-Content generiert bei Werder-Fans in den Social Media-Kanälen die intensivsten Interaktionen?
Dominik Kupilas: Mit unseren digitalen Aktivitäten wollen wir den Fans vor allem maximal interessante Inhalte mit Bildern und Videos anbieten, die es aufgrund unserer Nähe zu der Bundesliga-Mannschaft so nur von uns geben kann. Und das möglichst einfach, also auf dem Endgerät seiner Wahl. Denn genau das ist es, was unsere Anhänger auf unseren zahlreichen Plattformen erwarten dürfen: Informationen und Einblicke aus erster Hand. Diese Nähe sowie die besondere Perspektive ist es auch, was besonders gut ankommt. Aber natürlich geht im Hinblick auf qualitative Reichweite und Interaktion nichts über erfolgreiche Spiele. Das können wir allerdings nur sehr geringfügig beeinflussen (lacht).
web-netz sports: Wir haben auszugsweise einmal den Werder-Facebook-Kanal im Monat November durchforstet und festgestellt, dass keine Posts auftauchten, die Sponsoren explizit miteinbezogen haben. Spielt der Facebook-Kanal diesbezüglich für Werders digitales Marketing keine Rolle, oder plant Werder dahingehend neue/andere Konzepte, um Sponsoren im digitalen Bereich einzubinden?
Dominik Kupilas: Ihre Beobachtung ist tatsächlich nur die halbe Wahrheit, skizziert unser Vorgehen bei Facebook aber recht gut. Denn natürlich spielt der Kanal für unsere Partner und Sponsoren eine sehr große Rolle, aber wir sind – wie aus der vorherigen Antwort schon deutlich wurde – vor allem darauf bedacht, unseren Fans bei Facebook Informationen, Emotionen und Entertainment zu bieten. Daher gibt es bei uns nur sehr punktuell werbliche Inhalte, die dann oft auch nicht wirklich als solche zu identifizieren sind.
web-netz sports: Weniger ist mehr?
Dominik Kupilas: Vor allem ist dies darauf zurückzuführen, dass alle Aktionen, die wir mit Partnern bei Facebook ausspielen einen Mehrwert für unsere Fans darstellen und keine platte Werbung sind. Wir beraten unsere Partner genauso:
Platte und geballte Werbung erzielt bei Facebook keine Relevanz. Um den gewünschten Effekt zu erzielen, sollte ein inhaltlicher Ansatz gewählt werden. Damit sind wir bislang sehr gut gefahren.
Werders „Up’n Swutsch“-Format: Fan-Talk mit Werder-Stars in der Kneipe inklusive Kommunikationstransfer auf vielen Kanälen
web-netz sports: Das Format „Werder Up’n Swutsch“, das gemeinsam mit einem Sponsoringpartner produziert wird, kann als Beispiel angeführt werden, wie Sponsoren mit einbezogen werden.
Dominik Kupilas: Exakt. „Werder Up’n Swutsch“ ist ein sehr guter Case. Dabei handelt es sich um einen Kneipentalk, den wir gemeinsam mit Haake-Beck umsetzen. Immer in einer anderen Kneipe des Werder-Landes ist ein Spieler zu Gast, der gemeinsam mit Moderator Lou Richter überwiegend über die Person und nur beiläufig über sportliche Themen spricht. Es wird live on Tape aufgezeichnet und ist zusätzlich ein Incentive für die Gäste, die der Produktion live beiwohnen.
Hier bietet Haake-Beck unseren Fans den Mehrwert, den Spieler sehr persönlich kennenzulernen. Und teilweise auch zu treffen, denn im Vorfeld der Sendung kann man Tickets für die Sendung gewinnen. Durch den Talk in einer Kneipe ist zudem die Schnittmenge zwischen Werder und Haake-Beck gegeben und Kneipe und Fußball liegen thematisch oft auch eng beisammen. Insofern ein rundes Produkt, das wir sukzessive professionalisieren und weiterentwickeln.
web-netz sports: Wie spielt Werder das Format auf den sozialen Kanälen?
Dominik Kupilas: In erster Linie handelt es sich dabei um einen Premium-Inhalt, der zunächst nur den Abonnenten von WERDER.TV vorbehalten ist. Allerdings bedienen wir rund um das Format beziehungsweise dessen Produktion auch die anderen Social Media-Kanäle, bereiten die Inhalte dafür kanalspezifisch auf. Das heißt zum Beispiel, dass wir über Twitter live von der Produktion berichten, bei Instagram ein exklusives Bild ausspielen und bei Facebook einen unterhaltsamen Teaser spielen, der für sich schon als eigener Inhalt steht, aber im Idealfall Lust auf mehr macht. Mit einer gewissen Embargo-Zeit verbreiten wir die ganze Sendung dann zusätzlich über unseren YouTube-Kanal.
web-netz sports: Wir bedanken uns für das Interview, Herr Kupilas. Grün-weiße Grüße an die Weser!
Welche Schritte der Nord-Club in Zukunft auf dem Weg der digitalen Transformation unternimmt, wird die Online-Agentur web-netz mit großem Interesse verfolgen. Brandaktuell im Brennpunkt steht Werder Bremen im Rahmen des Polizeikosten-Urteils des Bremer Verwaltungsgerichts: Das OVG Bremen hatte im Rechtsstreit der Stadt mit der DFL eine Klage der Liga am 21. Februar abgewiesen. Damit muss die DFL künftig die Mehrkosten von Polizeieinsätzen bei Hochrisikospielen der Bundesliga mittragen. Neben der DFL hatte auch der SV Werder Bremen das Urteil des OVG deutlich kritisiert. Startet von Bremen aus eine neue umwälzende Welle in der Bundesliga?
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