Es ist heutzutage völlige Normalität, dass wir überall und zu jeder Zeit nahezu jedes Produkt mit unserem Smartphone shoppen können, sei es in der U-Bahn, in der Küche oder auf dem Laufband im Fitnessstudio. Das Ergebnis: zwei von drei Online-Transaktionen erfolgen in der Fashion-Branche bereits über mobile Endgeräte und nicht mehr über den Desktop. Diese modernen Konsumoptionen bieten Händlern seit vielen Jahren ein ungeahntes Absatzpotenzial, im gleichen Zuge jedoch auch große Herausforderungen in Hinblick auf das mobile Shoppingerlebnis ihrer Kunden.

„Mobile first“ – ist das inzwischen nicht normal?

Zugegeben – das Credo “mobile first” klingt im E-Commerce Kontext des Jahres 2021 fast schon ein wenig abgedroschen. Was seit Jahren als “common sense” der Branche gilt, ist dadurch aber noch lange keine Realität. Der mobile Erfolg der Onlinehändler hängt in der Tat sehr stark von vielfältigen Faktoren ab, die wir in den kommenden Abschnitten näher beleuchten.

Im Sportkontext wollen wir uns zusätzlich diesen Fragen widmen:

  • Wie surf- und kauffreudig sind deutsche Fußballfans auf mobilen Endgeräten?
  • Und können die Onlineshops der deutschen Fußballclubs den mobilen Konsumhunger ihrer Anhänger stillen?

Welche Faktoren beeinflussen den Erfolg beim mobilen Shoppen?

User Experience

Eine gute User Experience (UX) umfasst übergeordnet ein positives Gefühl und eine angenehm gestaltete Interaktionsmöglichkeit des Users mit dem jeweiligen Onlineshop (oder Website/App). Es ist im wahrsten Sinne das Erlebnis, dass der Shopbetreiber seinen Usern bestmöglich vermitteln sollte. Insbesondere in Hinblick auf Content und Design dürften Fußballclubs bei diesem Aspekt punkten können. Denn wer ist bereits emotional positiver und vertrauter an die Club-Brand gebunden als der eigene Fan? Von dieser Bindung zwischen Marke und Konsument können andere Branchen nur träumen.

Weitere Maßstäbe in der UX sind die Performance und die Geschwindigkeit des Shops (Stichwort “Core Web Vitals”), die seit dem Jahr 2021 inzwischen von Google sogar als SEO-Rankingfaktor einfließt. Google belohnt hierbei die mobile Optimierung von Websites und eine gute Seitenladegeschwindigkeit. Wie stark die Core Web Vitals am Anfang gewichtet werden und welchen Einfluss sie auf die Rankings haben, ist aktuell noch nicht bekannt. Im Gegensatz dazu sorgen lange Ladezeiten für eine Erhöhung der Abbruchrate und sind insbesondere bei bezahltem Traffic (z.B. Google Ads oder Social Media Ads) ein vermeidbares und kostenintensives Ärgernis für Händler. Wie gut oder schlecht die eigene Website und der eigene Shop im Punkt Seitenladegeschwindigkeit aufgestellt sind, lässt sich über das kostenlose Google Tool “PageSpeed Insights” mit wenigen Klicks selbst feststellen.

Usability

Die Usability eines Onlineshops sollte insbesondere auf mobilen Endgeräten regelmäßig auf den Prüfstand gestellt werden. Hierunter fallen:

  • eine intuitive Bedienung des Shops
  • die Navigation
  • die Klickbarkeit von Buttons
  • die Swipe- und Zoomoptionen auf dem Smartphone

Viel zu oft werden Shops auch heutzutage noch aus der “Desktop-Brille” betrachtet, konzipiert und umgesetzt. Sie sind überfrachtet mit Inhalten und ersticken die potenzielle Freude am mobilen Shopping im Keim. Eine Vielzahl an Werbeflächen und PopUps sind insbesondere auf dem Smartphone ein Störfaktor beim Surfen und sollten weitestgehend vermieden werden.

“Im Zeitalter von Smartphones, Tablets & Co. hat sich das Nutzerverhalten verändert. Die User möchten möglichst viel möglichst schnell schaffen – und zwar unterwegs.”

Natalie Eichert (Conversion Rate Optimization-Expertin bei web-netz)

Payment

Shopbetreiber sollten ihren Nutzern diverse Payment-Optionen und damit einen möglichst reibungslosen Checkout ermöglichen. Insbesondere auf dem Smartphone ist es entscheidend, eine schnelle und unkomplizierte Zahlungsabwicklung (z.B. PayPal, AmazonPay, ApplePay usw.) zur Verfügung zu stellen. Die Eingabe von kompletten IBAN- oder Kreditkarten-Nummern ist sperrig und wird auf mobilen Devices sonst schnell zum “Conversion-Killer”.

Trust

Weiterhin spielt Vertrauen im E-Commerce eine große Rolle. Wenn ich einen mehr oder weniger großen Betrag online für Produkte ausgebe, möchte ich darauf vertrauen können, dass meine Ware professionell, im vereinbarten Zustand und schnell an mich verschickt wird. Hierbei helfen Shop-Recommendations und -Zertifizierungen, die von Anbietern wie “Trusted Shops”, “Trustpilot” oder “ShopVote” angeboten werden. Marktstudien haben ergeben, dass die Conversion Rate über Trust-Elemente auf der Website signifikant gesteigert werden kann.

Etwas weniger relevant ist dieser Vertrauensfaktor bei Fußballclubs: Hier agieren Fans und Nutzer nicht mit einem unbekannten Onlinehändler, sondern bringen dem Verein als Organisation ein höheres Grundvertrauen entgegen und unterstellen in ihrer Kaufentscheidung eine seriöse und professionelle Kauf- und Lieferabwicklung.

Eine klaffende Lücke: Mobile Best Cases und No-Gos im Fußball-Kontext

Wie unterschiedlich das mobile Kauferlebnis in der digitalen Konsumwelt der Clubs ausfällt, wollen wir anhand einiger Beispiele aus den Onlineshops der Bundesligisten verdeutlichen und dabei auch auf die oben genannten Faktoren eingehen.

Beispiel 1: Produktauswahl & Filteroptionen

Der FC Bayern setzt in seinem Onlineshop auf umfangreiche Filterungsoptionen, um seine Fans schnellstmöglich zu passenden und verfügbaren Produkten führen zu können. Ein absolut essentieller Weg, um den Usern das Durchklicken durch etliche T-Shirts zu ersparen, die allesamt nicht mehr in der gewünschten Größe verfügbar sind. Da kann die Geduld beim mobilen Onlineshopping schnell verfliegen. Eine deutlich geringere Produktpalette als der FC Bayern aufbieten zu können, darf dennoch keine Ausrede für fehlende Filtermöglichkeiten im eigenen Shop sein.

Am Beispiel des Onlineshops von Hertha BSC zeigt sich, dass ausschließlich eine Sortierungs- und keine Filtermöglichkeit gewährt wird. Dem gewünschten Produkt kommt der Fan damit jedoch nur bedingt näher.

Der Weg zum passenden T-Shirt kann insbesondere mobil erschwert sein. Der FC Bayern vereinfacht die Kaufentscheidung hier mittels passender Filter. Die Sortierungs-Optionen im Hertha-Shop helfen hierbei eher nicht. Screenshots: fcbayern.com/shop & herthashop.de (Stand: 28.10.2021)

Beispiel 2: User Experience im Warenkorb

Eine grafische Darstellung und eine übersichtliche Auflistung der Artikel und der Artikeldetails im Warenkorb geben dem Kunden Sicherheit im Kaufprozess und helfen somit bei der Reduzierung der Retourenquote.

Die Userführung ist im Bayer04-Shop klar kommuniziert. Der “Zur Kasse”-Button ist optisch klar hervorgehoben gegenüber den weiteren Klickoptionen. Der Fan wird damit gezielt zum nächsten Schritt im Checkout-Prozess geleitet.

„Tunneling“-Strategie: Bayer Leverkusen führt seine User intuitiv zum nächsten Checkout-Schritt und minimiert unnötige Ablenkungspunkte im Kaufprozess. Im Nürnberger Onlineshop sind drei Buttons optisch gleichgewichtet und verhindern diese intuitive Nutzerführung. Screenshots: bayer04.de & fcn-fan-shop.de (Stand: 28.10.2021)

Die Option “Weiter einkaufen” wirkt für den Shopbetreiber in erster Intention verlockend und verspricht gegebenenfalls einen höheren Warenkorbwert. In der Realität endet der “Umweg” zurück zu den Produkten in der Regel im Warenkorbabbruch und sollte damit nicht allzu prominent platziert werden.

Beispiel 3: User Experience im Anmeldeprozess

Bayer Leverkusen bringt sehr prägnant und eingängig mit Hilfe von Bulletpoints die Vor- und Nachteile des eigenen Kontos gegenüber der Gastbestellung auf den Punkt. Im FCN-Onlineshop erwartet den Fan nach einem langen Aufklärungstext ein noch viel längeres Anmeldeformular, was insbesondere auf Mobilgeräten als klassischer Conversion-Killer gilt.

Das Ziel vor Augen: Bayer Leverkusen zeigt die weiteren Schritte im Anmelde- und Checkout-Prozess einfach und transparent auf. Die Registrierung im FCN-Onlineshop fordert vielen „Glubberern“ große Geduld ab. Screenshots: bayer04.de & fcn-fan-shop.de (Stand: 28.10.2021)

Der Bayer 04-Shop zeigt dem User zu jeder Zeit transparent, an welchem Punkt des Checkout-Prozesses er oder sie sich aktuell befindet und wie viele Schritte zum Kaufabschluss noch bevorstehen. Der Umfang des Anmeldeprozesses unterscheidet sich bei den gezeigten Shops in der Realität vermutlich nur unwesentlich. Die Darstellung des Prozesses ruft jedoch signifikante Unterschiede hervor. Mit einfachen Visualisierungen und klaren Strukturen lassen sich Unsicherheiten und vermeidbare Kaufabbrüche reduzieren.

Diese kurzen Beispiele lassen sich umfangreich erweitern und fortführen, sollen an dieser Stelle jedoch aufzeigen, dass extreme Niveauunterschiede in dem Shopping-Erlebnis der Kunden lediglich in einem solch nicht-kompetitiven Markt möglich scheinen. Onlineshops mit derart eklatanten technischen und nutzerorientierten Defiziten würden unter stärkerem Wettbewerbsdruck am Markt vermutlich nicht bestehen können. Dieser Wettbewerbsdruck wird in der Zukunft jedoch auch für Club-Shops zunehmen: Marktplätze und Sportartikelhändler bieten immer größere Produktpaletten mit Fan-Merchandising auf und können in großen Teilen schnellere, bessere und angenehmere mobile Kauferlebnisse bieten.

Status Quo: Wie surf- und kauffreudig sind deutsche Fußballfans auf mobilen Endgeräten?

Bei der Frage nach dem Status Quo der mobilen Kauflaune der Fußballfans wenden wir den Blick weg von Umsetzungsbeispielen hin zu konkreten Zahlen aus dem Merchandising-Business. Im Fokus stehen relevante Performance-Indikatoren, denen wir uns mit folgenden Gedankengängen nähern wollen:

  • Wie groß ist der Anteil des mobile Commerce bei Merchandising-Produkten?
  • Wird mobil nur nach Produkten gesucht, der Kauf jedoch erst nachfolgend am Desktop abgeschlossen?
  • Wie groß klafft die Lücke zwischen Conversion Rate am Desktop-Gerät gegenüber einem mobilen Endgerät?
  • Wie performen die Club-Onlineshops im Vergleich zur Fashion-Branche im E-Commerce?

Um diese Fragen klären zu können, haben wir in der nachfolgenden Betrachtung das Nutzungsverhalten deutscher Fußballfans bei ihrem Surf- und Kaufverhalten von Merchandising-Produkten analysiert:

Mobile Desktop Tablet
Sitzungen 75 % 22 % 3 %
Transaktionen 64 % 32 % 4 %
Umsatz 60 % 36 % 4 %
Conversion Rate (CR) 3,86 % 6,90 % 5,37 %

Tabelle 1: Prozentuale Verteilung von Merchandising E-Commerce Kennzahlen deutscher Fußballclubs nach genutztem Device (Daten: 01.01. – 31.08.2021)

Hieraus gehen klare Erkenntnisse hervor: Im betrachteten Zeitraum 2021 wurden über drei Viertel der User-Sitzungen mobil ausgeführt. Der Kaufabschluss und der Umsatz erfolgt hingegen nur zu 64 % bzw. 60 % mobil. Dies ist ein übliches Kundenverhalten, was sich im gleichen Maße auch bei E-Commerce Fahion-Händlern gezeigt hat. Hier lagen die mobilen Sitzungen ebenfalls im Verhältnis 75 % zu 25 % vorne, Transaktionen wurden zu 67 % über mobile Endgeräte abgeschlossen.

Der prozentuale Unterschied zwischen mobilen Transaktionen und mobil generiertem Umsatz lässt darauf schließen, dass höherpreisige Produkte/Warenkörbe tendenziell noch immer im höheren Maße über den Desktop abgeschlossen werden. Hier lässt sich ein höheres Involvement des Nutzers antizipieren, was den vermeintlich sicheren und übersichtlichen Desktop begünstigt.

Mit der mobilen Conversion Rate (CR) von 3,86 % schlagen die Onlineshops der Fußballclubs die Fashion-Händler mit großem Abstand (zum Vergleich: E-Commerce CR in der Fashion-Branche lag im Jahre 2020 bei 1,86 %), zumindest auf den ersten Blick. 
Berücksichtigt man hierbei nun, dass sich Fußballclubs mit Ihren Produkten einem viel geringeren Wettbewerbsumfeld ausgesetzt sehen als ein gewöhnlicher Händler von Fashion, kommt eine spannende Kennzahl ins Spiel, um “mit gleichen Waffen” kämpfen zu können: Um welchen Faktor liegt die Desktop-CR über der mobilen CR? Die Fußballshops weisen hier einen Faktor von 1,78 auf, die vergleichbare Fashion-Branche hingegen lediglich einen Faktor von 1,39 (Mobile CR = 1,86 %, Desktop-CR = 2,59 %), sodass die Spanne zwischen diesen beiden entscheidenden Metriken im E-Commerce deutlich geringer ist.

Heißt in der Bewertung: Fußballclubs haben in der Ausgestaltung ihres Mobile Commerce noch Nachholbedarf und damit Potenzial, das Kauferlebnis auf den Smartphones ihrer Kunden zu optimieren und gewinnbringend für sich zu nutzen. Hier lassen sich in der Regel noch Tipps, Tricks und Best Practices von den absoluten E-Commerce-Profis abschauen.

#Learnings

  • In den Onlineshops der Fußball-Bundesligisten lassen sich anhand der aufgezeigten Beispiele große Niveau-Unterschiede feststellen. In vielen Fällen hat sich die Orientierung an den E-Commerce-Profis der Fashion-Branche bereits ausgezahlt und eine gute User Experience im mobilen Shopping ermöglicht. In einigen Shops bleibt der Weg zum favorisierten Artikel weiterhin äußerst steinig und bremst die initiale Kauflaune innerhalb weniger Klicks aus.
  • Das Smartphone hat den Desktop-PC nicht nur bei der Informationssuche nach Produkten überholt, sondern ist inzwischen auch das dominante Device beim Kaufabschluss.
  • Hochpreisige Produkte und höhere Warenkorb-Werte werden tendenziell noch eher über den Desktop abgeschlossen, wobei auch hier das Mobilgerät inzwischen die Mehrheit der Transaktionen auf sich vereint.
  • Die Lücke zwischen der mobilen- und der Desktop Conversion Rate ist in den Shops deutscher Fußballclubs (noch) besonders hoch. Hier lassen sich über mobile Optimierungen, Ladegeschwindigkeit, A/B-Tests und einen einfach gestalteten Checkout große Umsatzpotenziale generieren, denn: Nur ein Bruchteil der Smartphone-User, die ihren Kauf abgebrochen haben, schließt im Nachgang den Kauf doch noch über ein größeres Device ab, hier drohen große Umsatzeinbußen.

Bestenfalls lässt sich mit Hilfe dieser Blog-Anregungen die bei Shopbetreibern noch immer sehr beliebte „Desktop-Brille“ abnehmen. Die Fans sind bereits vor längerer Zeit auf das Smartphone umgestiegen und tätigen dort ihre Käufe, die Conversion Rate bleibt hierbei jedoch noch (zu) stark hinter dem Desktop zurück.

Sportliche Grüße,

Momme


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