Von der U14 bis zur A-Nationalmannschaft stand René Adler (1. FSV Mainz 05, Hamburger SV, Bayer Leverkusen 04) in sämtlichen DFB-Auswahlteams im Tor. Mit Lionel Messi verbindet Adler ein bleibendes Ereignis, weil er sich bei der U20-WM einen Nasenbeinbruch zuzog, als er eine Großchance von Messi vereitelte. Am 11. Oktober 2008 feierte Adler seine Startelf-Premiere mit der A-Nationalelf gegen Russland (2:1). Nach Spitzenleistungen in Serie kürte das DFB-Trainerteam im März 2010 Adler zur Nummer 1 im Tor für die WM in Südafrika. Doch am 4. Mai musste Adler wegen einer Rippenverletzung die WM absagen. Manuel Neuer rückte für Adler zwischen die Pfosten.
Der heute 32-jährige Adler hat frühzeitig über den Tellerrand des Fußballs hinausgeschaut. Gehört er doch zu dem kleinen Spielerkreis, der bereits zu Zeiten der aktiven Karriere unternehmerisch tätig geworden ist. Und da spielen für Adler die sozialen Medien ein wichtige Rolle als Vermarktungskanal. Einblicke in Adlers Unternehmergeist und mehr erfahrt ihr heute hier im Interview.
Interview mit René Adler
Herr Adler, Fußballbundesligist 1.FSV Mainz 05 hat Sie als Führungspersönlichkeit verpflichtet. Und auch abseits des Rasens haben Sie Verantwortung als Unternehmer übernommen und sind als Gesellschafter bei „T1TAN“ eingestiegen. Wie kam es dazu?
Sich als Fußballspieler mit der Zeit nach der Profikarriere frühzeitig zu beschäftigen, halte ich für immens wichtig. Ich wollte schon immer unternehmerisch tätig werden – und wenn man als Torwart von einem Produkt Ahnung hat, sind das Torwarthandschuhe. Immerhin sind die seit meinem sechsten Lebensjahr quasi mein Berufswerkzeug. T1TAN ermöglicht es mir, bei der Entwicklung der Handschuhe meine Ideen und meine Persönlichkeit aktiv mit einzubringen. Ich bin nicht nur Markenbotschafter, sondern auch im operativen Geschäft tätig. Das macht mir immensen Spaß, und das positive Feedback, das wir zu unserem Produkt bekommen haben, bestätigt uns in unserer Arbeit.
Das Naming „T1TAN“ hat es in sich, weil Oliver Kahn lange Zeit als der Titan bezeichnet wurde. Spannender Nebeneffekt oder provokante Promotion-Idee?
Soweit ich weiß, ist der Name damals tatsächlich in Anlehnung an Oli entstanden. Aber wie das genau zu Stande gekommen ist, da müsst ihr Manuel und Matthias (die beiden Firmengründer, die Red.) fragen. Die Marke T1TAN gab es schon bevor ich an Bord kam. Es steht T1TAN drauf, aber es steckt jede Menge Adler drin.
Sie spielen seit dieser Spielzeit mit diesen T1tan-Handschuhen. Würden Sie sagen, die sind noch besser als die bekannten renommierten Markenprodukte?
Egal ob in der Kreisklasse oder in der Bundesliga bist du als Torwart auf gute Handschuhe angewiesen. Sie müssen dir einen guten Grip geben, bequem sein und nicht beim zweiten Spiel gleich auseinanderfallen. Bei der Entwicklung unserer T1TAN-Handschuhe ist es uns wichtig, ein Produkt zu schaffen, welches Top-Qualität ohne unnötigen Firlefanz zu einem erschwinglichen Preis bietet. Das ist uns gut gelungen, und ich finde es fantastisch, mit der eigenen Torwarthandschuhmarke spielen zu können.
Sind Sie als Gesellschafter auch eingebunden in die Vermarktung der T1tan-Produkte?
Wie vorhin schon erwähnt, ist es mir extrem wichtig, nicht nur der Typ zu sein, der die Handschuhe in die Kamera hält. Wenn ich für ein Produkt stehe, will ich auch ein Teil des Ganzen sein, und zwar auf allen Ebenen. Ich bin also nicht nur in die Vermarktung eingebunden, sondern bringe mich in die Produktentwicklung und ins Design ein, fahre in die Produktionsstätten und trage die Handschuhe, weil ich überzeugt davon bin.
Welchen Stellenwert besitzen die digitalen Vermarktungskanäle aus Ihrer Sicht?
Eine große. Die sozialen Netzwerke bieten nicht nur eine Informationsplattform, sondern auch die Möglichkeit, mit Fans und Kunden überall direkt zu interagieren und sich Feedback zu holen. Mit einem Wischen auf dem Smartphone eröffnet sich einem heute die ganze Welt, und mehr als einen kleinen Touch braucht es nicht, um ein Produkt anzusehen oder es zu kaufen. Das ist natürlich klasse – nicht nur für die vermarktenden Firmen, sondern auch für mich als Kunden.
Unsere Recherchen ergaben, dass Sie auf Facebook auf das Startup T1TAN aufmerksam wurden!?
Ja, genau. In den sozialen Netzwerken aktiv zu sein ist ein bisschen auch das Steckenpferd von T1tan. Durch die Möglichkeit der direkten Interaktion möchten wir die Bindung zu unseren Kunden intensivieren. Wir wollen emotionale Beziehungen aufbauen, indem wir versuchen, jeden Kommentar ehrlich zu beantworten. Das klappt momentan noch ganz gut. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal: Die Nähe zu unseren Kunden, unseren Fans, richtig nah dran sein am Mann. T1TAN schaltet viel Online-Werbung und ist mit Pop Ups in den sozialen Netzwerken aktiv. So bin ich darauf aufmerksam geworden. Die Schlagzeile „Profi-Equipment unter 60 Euro“ springt sofort ins Auge – besonders, wenn man weiß, wie die Preise bei anderen Anbietern sind.
Gibt es das weltweit eigentlich schon, dass ein Torwart mit internationaler Klasse und Bekanntheit seine eigene Handschuhmarke im Wettkampf trägt und unternehmerisch vertreibt?
Da fällt mir spontan jetzt auch niemand ein. Mir war es einfach wichtig, das bereits in meiner aktiven Karriere zu machen. Das ist ein Produkt, von dem ich Ahnung habe und mein Know-how bestens einbringen kann. Und ich kann selber als Markenbotschafter tätig werden. Authentizität ist uns extrem wichtig – neben der Qualität, die wir liefern. Ich spiele mit den Handschuhen in der höchsten deutschen Klasse. Da kann das Produkt nicht so schlecht sein.
Gab es darauf schon Reaktionen von den etablierten Marken?
Naja, dafür sind wir vielleicht noch ein bisschen zu klein. Ich glaube schon, dass man uns wahrnimmt. Aber wir sind ein Nischen-Produkt mit der Kernkompetenz Torwart-Handschuhe/-Equipment. Klar haben wir Ziele und Visionen, aber wir wollen uns auf diese Produkte fokussieren. Wir planen jetzt nicht, auch Schuhe oder sonstiges ins Angebot aufzunehmen.
Sie können als erfahrener 32-jähriger Profi bestens beurteilen, wie die sozialen Medien in das Leben der jungen Fußballprofis Einzug gehalten haben.
Soziale Medien sind eine wunderbare Sache, aber man muss bei der Nutzung auch eine gewisse Vorsicht walten lassen. Als Markenbotschafter hat man eine Verantwortung und Vorbildfunktion für Fans und die Jugend. Es ist ein Kanal, in dem mit wenig Aufwand sehr viele Leute erreicht werden können. Das gab es zu Beginn meiner Profi-Karriere nicht. Früher in den Anfängen waren es reine Kommunikationsplattformen, jetzt haben viele Firmen das Potenzial als Vertriebskanal erkannt. Als Blogger mit Millionen Followern, oder so genannter Influencer, kann man zielgenau Produkte innerhalb einer Interessengruppe bewerben.
Sie haben etwa 250 Tausend Follower bei Facebook und T1TAN liegt jetzt noch bei 25 Tausend. Gibt es da eine Strategie der Annäherung?
Wir sind ja ein Nischen-Produkt und unsere Zielgruppe sind Torhüter, unsere Follower vorwiegend aus dem Amateur-Bereich. Wobei wir uns natürlich auch freuen, wenn uns Profis folgen. Wir sind schon bestrebt, die Followerzahl zu steigern. Es gibt ja weit mehr als 25 Tausend Amateur-Torhüter in Deutschland. Wir wachsen Stück für Stück, ohne dass wir durchdrehen und sagen, wir brauchen jetzt schnellstmöglich noch viel mehr Follower. Es geht uns nicht um die reine Masse der Klicks, das ist nicht unser Ansatz. Wir wollen engen Kontakt mit unseren Kunden halten und echte Beziehungen aufbauen. Ideal ist es, wenn jemand das Produkt kauft, uns Feedback gibt, wir in den Dialog treten und am Ende einen Fan gewinnen. Apple hat es geschafft, Kunden zu Fans zu machen. Klar wollen wir uns jetzt nicht mit Apple vergleichen, aber der Ansatz, unter den Kunden auch eine Leidenschaft für das Produkt zu erwecken, ist unser Weg. Und da sind uns natürlich qualitativ die 25 Tausend lieber als quantitative 200 Tausend, die nicht von unserem Produkt begeistert sind.
Besonders begeistert hat mich ihr öffentliches Statement „Es ist doch vollkommen klar, dass ich bei Mainz 05 weniger Geld verdiene als beim HSV“.
In den USA kannst du Gehaltszahlen überall nachlesen. Natürlich verdiene ich bei Mainz 05 weniger als beim HSV. Mich für Mainz zu entscheiden, war offenbar keine Frage des Geldes.
Das ist authentisch und besitzt Vorbildcharakter. Auch weil Sie als Unternehmer tätig sind, und sich nicht etwa als Rebell positionieren, der sich in Hamburg mit der roten Flora verbündet…
Wir wollen Handschuhe verkaufen, und das machen wir nicht aus Jux und Tollerei. Sondern weil das unsere Leidenschaft ist. T1tan-Geschäftsführer Matthias war selber Amateur-Torhüter und hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Das ist auch nach dem Fußballspielen die größte Herausforderung, wieder einen Job zu finden, der einem so einen Riesenspaß bringt. Für eine Idee zu brennen und sich aller Risiken zum Trotz damit selbständig zu machen wie Matthias, das imponiert mir.
Weltweit imponierten Sie auch als Deutschlands Nummer 1 in absoluter Weltklasseform während der WM-Qualifikation 2009. Doch dann ereigneten sich schwere Verletzungen. Blicken Sie da jetzt noch gelegentlich zurück?
Das ist jetzt mehr als sieben Jahre her. Ich schaue da nicht zurück und bin auch nicht traurig. Denn es gibt viele Dinge, die sonst nicht passiert wären. Man kann sich auch nicht immer aus allem die Rosinen rauspicken.
Und doch muss man so etwas auch verarbeiten, was auch für viele Talente und Amateurfußballer gilt, wenn ein Traum platzt.
Ja, natürlich. Und das ist auch hart, die Erfahrung habe ich gemacht. Aber wichtiger ist, daraus eine Lebenserkenntnis zu gewinnen. Das habe ich, und diese lautet: Ich kann mein ganzes Leben nicht auf einer Säule aufbauen, das ist zu gefährlich.
Spannend…
Ob nun Fußball oder dein Beruf. Es ist immer gefährlich, ob du Investmentbanker oder sonst was bist. Ich lebe für meinen Sport. Für mich ist es auch das Größte, morgens um 8 zum Trainingsgelände zu kommen und bis abends um 8 hier zu bleiben. Für mich ist Training auch nicht nur wichtig, um besser zu werden, sondern Teil meiner Lebenseinstellung. Das ist eine Säule in meinem Leben, aber nicht mehr die Einzige.
Sie stammen aus Leipzig, haben im Alter von 15 Jahren Leipzig verlassen. Was sagen Sie zur Entwicklung von RB Leipzig?
Leipzig ist meine Heimatstadt und meine Familie lebt auch dort. Ich habe großen Respekt, was da geleistet wurde. Es ist ja auch nicht so, dass da nur Geld ist, da wird auch Leistung gebracht. Ich finde, da muss man den Verantwortlichen großen Respekt zollen. Die hatten eine Vision, da wurde ein Projekt geplant und durchgezogen. Darüber hinaus ist dort eine Infrastruktur geschaffen worden, um all die Leute abzuholen, die sich in dieser Region nach Bundesligafußball gesehnt haben.
Herr Adler, vielen Dank für das sehr angenehme Treffen mit Ihnen. Wir wünschen Ihnen optimale Erfolge mit Mainz 05 und als Unternehmer mit T1tan! Bleiben sie so begeistert und begeisternd.
Bildquellen: © by T1TAN