„Den Markenkern durch digitale Angebote erlebbarer machen!“

Mit diesem Kernsatz beschreibt Patrick Kress, Teamleiter Vertriebssteuerung & CRM beim 1. FC Köln, die Club-Philosophie hinter der digitalen Transformation. Eine Leitidee, die kein Dogma und kein Selbstzweck sein soll. Im web-netz sports Interview mit Patrick Kress ist vielmehr die Rede von einem intensivierten Markenprozess nach dem Abstieg 2012, der bis heute wirkt und seine Fortsetzung erlebt. Unabhängig davon, dass in Kürze sportlich erneut der Abstieg aus der Bundesliga naht. Die Kölner haben seit der Auszeichnung mit dem Deutschen Preis für Online-Kommunikation 2014 für ihr Online-Portal FC-Connect weitere progressive Schritte auf dem digitalen Feld gemeistert. Und so ist es wenig überraschend, dass der FC in unserem Blogartikel „Performance der Fußball-Bundesligisten bei Google“ Ende Januar  starke Performance-Werte in puncto Suchmaschinensichtbarkeit aufweisen konnte – die positiven Folgen der neuen Domain www.fc.de.

Jonas Hector - 1. FC Köln

FC-Kapitän und Nationalspieler Jonas Hector sorgte mit seiner überraschenden Vertragsverlängerung am 23. April mitten im quasi besiegelten sportlichen Abstieg aus der 1. Liga für einen sensationellen Stimmungsaufheller in den Reihen des FC – ein Riesenjubel, den das FC-Marketing mit einer digitalen Online-Offensive in Szene setzte. (Bildquelle: © by 1. FC Köln)

Und da der FC digital weiter Innovator der Branche sein möchte, feierte der FC seinen 70. Geburtstag Mitte Februar mit Virtual Reality-Technologie. Und das nicht genug – in unserem aktuellen Interview verrät das Mitglied der digitalen FC Task-Force weitere „digitale Betriebsgeheimnisse“, die zeigen, warum der FC in der Branche digital immer wieder auch als Best Practice herangezogen wird. Vielen Dank für das spannende Interview, Patrick!

Patrick Kress

Patrick Kress, Teamleiter Vertriebssteuerung & CRM beim 1. FC Köln. (Bildquelle: © by 1. FC Köln)

web-netz sports: Wie lange sind Sie bereits für den FC beruflich am Ball?

Patrick Kress: „Ich bin mittlerweile seit über sechs Jahren in verschiedenen Rollen beim 1. FC Köln tätig. Aktuell bekleide ich eine Doppelrolle. Als Teamleiter Vertriebssteuerung & CRM verantworte ich mit meinem Team alle vertrieblichen Aktivitäten rund um unsere B2C-Produkte. Dazu zählen gezielte CRM-Maßnahmen wie Mailings, aber auch die Weiterentwicklung im Bereich des Performance Marketing. Die andere Hälfte meines Teams beschäftigt sich mit den Themen Ticketing sowie Stadion-Payment. Zusätzlich bin ich seit über einem Jahr in einer kleinen Kerngruppe mit zwei weiteren Kollegen für den Prozess der Digitalisierung beim 1. FC Köln verantwortlich.“

web-netz sports: Welche Stationen haben Sie zuvor durchlaufen?

Patrick Kress: Vor meiner Zeit beim 1. FC Köln habe ich Sportmanagement an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert und parallel schon Berufserfahrung in einer Agentur und im Sportmarketing bei der Deutschen Telekom gesammelt.

web-netz sports: Was waren Ihre bisherigen Highlights beim FC?

Patrick Kress: Da gibt es einige! Ein besonderes Highlight war die letzte Saison mit der erfolgreichen Qualifikation für die UEFA Europa League nach 25 Jahren. Besondere Highlights waren aber vor allem auch innovative Projekte wie die Einführung von Mobile Tickets und Mobile Payment im RheinEnergieSTADION oder die Entwicklung der neuen FC-App und die Implementierung unserer heutigen CRM-Infrastruktur. Besonders prägend und lehrreich war auch die Phase nach dem letzten Abstieg 2012 und der darauffolgende Markenprozess, den ich intensiv begleiten durfte.

web-netz sports: Und wo sehen Sie die größten Herausforderungen in Ihrem Tätigkeitsfeld beim FC?

Patrick Kress: Das was es spannend macht und die größte Herausforderung darstellt, ist die extreme Emotionalität und die Abhängigkeit von sportlichen Entwicklungen. Gerade in unserer aktuellen Situation sieht man, wie schnelllebig das Geschäft Fußball-Bundesliga doch ist.

1.FC Köln auf Sportplatz

Kress bringt auch die Abhängigkeit von Ergebnissen auf dem sportlichen Feld zur Sprache. (Bildquelle: © by fm/web-netz)

web-netz sports: Mit seinem Online-Portal FC-Connect wurde der 1. FC Köln beim Deutschen Preis für Onlinekommunikation 2014 ausgezeichnet. Seit dem Heimspiel gegen den SV Werder Bremen am 22. Oktober können FC-Fans im RheinEnergieSTADION Speisen und Getränke auch per Smartphone bezahlen – direkt über die FC-App. Ein Meilenstein und Vorbote zugleich für eine neue digitale Offensive?

Patrick Kress: Mobile Payment ist für uns ein logischer Schritt in der Mobile Customer Journey. Mit Blue Code haben wir eine innovative Lösung gefunden, die sich außerordentlich gut für den Einsatz im Stadion eignet. Der Bezahlprozess ist extrem schnell und funktioniert bei schlechtem Empfang auch problemlos im Offline-Modus. Ein großer Vorteil ist auch, dass wir die Bezahlfunktion in unsere eigene App für iOS und Android integrieren konnten. Darüber hinaus ist Blue Code eine hochsichere Bezahlmethode, da für jede Zahlung ein neuer Barcode erstellt wird und keinerlei persönliche Daten der Nutzer gespeichert werden.

FC-App BlueCode

FC-Fans können Speisen und Getränke jetzt auch per Smartphone bezahlen – direkt über die FC-App. (Bildquelle: © by 1. FC Köln/Blue Code)

Digitalisierung als wesentlicher Strategie-Faktor

web-netz sports: SPONSORs, führender Sportinformationsdienstleister und Ausrichter von Europas größtem Sportbusiness-Festival SPOBIS, titelte in seiner November-Ausgabe herausfordernd zum Thema Digitalisierung in Richtung deutscher Profifußball „Warum packt ihr das Geschenk nicht aus?“. Wie beantwortet der FC diese Frage?

Patrick Kress: Wir befinden uns seit etwa einem Jahr in einem sehr komplexen internen Prozess. Dabei haben wir mit fast allen Mitarbeitern des Clubs Workshops durchgeführt und haben mit unseren Fans gesprochen, um die wichtigsten digitalen Handlungsfelder herauszuarbeiten. Für uns ist die Digitalisierung eines der strategisch wichtigsten Themen für die kommenden Jahre.

Digital spürbar? Das „FC-Erlebnis“!

1.FC Köln im Stadion

Digitale Angebote und Services sollen das Erlebnis FC für die Fans erlebbarer machen. (Bildquelle: © by web-netz)

web-netz sports: Wo und wie soll die Digitalisierung beim 1. FC Köln getreu dem FC-Motto „spürbar anders“ wirksam werden?

Patrick Kress: Die Digitale Transformation geht für uns weit über Social Media oder CRM-Systeme hinaus und betrifft alle Bereiche des Unternehmens und die gesamte Wertschöpfungskette. Wir möchten den FC kundenzentriert ausrichten und dadurch schneller, einfacher, effizienter und sicher für die Zukunft machen. Dabei ist die Digitalisierung für uns kein Dogma oder Selbstzweck, sondern eine Möglichkeit, das Erlebnis FC, unseren Markenkern, durch digitale Angebote und Services für unsere Fans erlebbarer zu machen.

150 Potenziale, 18 Handlungsfelder, 4 Bereiche

web-netz sports: Sie erwähnten digitale Handlungsfelder, die der 1. FC Köln definiert hat. Was können Sie uns angesichts von Betriebsgeheimnissen darüber sagen?

Patrick Kress: In Summe sind wir in unserem Prozess auf weit über 150 Potentiale und insgesamt 18 Handlungsfelder gestoßen, die wir in die vier Bereiche Fan Engagement, Smart Stadium, Business Operations und Team/ Player Performance unterteilen. Wir sind davon überzeugt, dass wir für eine erfolgreiche Digitale Transformation den Grundstein in der Organisation legen müssen und an unserer Arbeitsweise, der Infrastruktur sowie der Unternehmenskultur arbeiten müssen, bevor wir uns mit Operations-Themen wie beispielsweise Ticketing, E-Commerce oder Sponsoring beschäftigen.

Neue Zielgruppen im Blick

web-netz sports: Was steht auf der Agenda unter dem Stichwort neue Zielgruppen?

Patrick Kress: Ein wichtiges Ziel der Digitalisierung besteht auch darin, neue Zielgruppen durch emotionale Inhalte zu erreichen. Uns ist klar, dass wir Fußball-Fans z.B. in China oder junge Menschen, die mit Angeboten wie Netflix oder Spotify aufwachsen, nur über digitale Inhalte und Services für unsere Marke begeistern können.

Leonardo Bittencourt und Friedhelm Mienert

Bei seiner Recherche-Reise traf Friedhelm Mienert von web-netz sports auch Offensivspieler und Fanliebling Leonardo Bittencourt (167.000 Instagram Follower) vom 1. FC Köln (172.000 Instagram Follower). (Bildquelle: © by fm/web-netz)

web-netz sports: Der FC hat sich auch Virtual Reality-Aktivitäten auf die Fahnen geschrieben. Welchen Stellenwert genießt die Technologie?

Patrick Kress: Sie bietet noch nie zuvor dagewesene Möglichkeiten, den FC erlebbar zu machen und als Fan so nah wie möglich an die FC-Stars heran zu kommen.

web-netz sports: Damit nimmt der FC auch eine Vorreiterrolle ein und hat sich neue Freunde gemacht unter den FC-Sympathisanten.

Patrick Kress: Ja, wir sind Anfang des letzten Jahres der erste Club gewesen, der mit der VR-Technologie experimentiert hat und dabei an 2.000 digitalaffine FC-Fans eine VR-Brille im FC-Design versendet hat. Das Trainingsvideo kann man sich auf YouTube anschauen, es hat mittlerweile über 32.000 Aufrufe. Das Feedback war durchweg positiv und unsere Fans haben sich mehr Content im 360-Grad-Format gewünscht. Anschließend haben wir die gesamte Saisoneröffnungsfeier als Livestream in der 360-Grad-Technologie produziert und ca. sechs Stunden auf Facebook und YouTube live gestreamt.

FC-Fans nahmen via App am Tresen der Gründungskneipe Platz

Für unseren 70. Geburtstag im Februar haben wir die nächste VR-Anwendung für unsere Fans entwickelt. In der FC-App haben unsere Fans jetzt die Möglichkeit, die Gründungskneipe des FC zu besichtigen und zum Beispiel einen Blick in das Gründungsbuch des Vereins zu werfen.

FC-Köln-App: VR-Anwendung für Gründungskneipe

Hennes macht es vor: Einblick in die Gründungskneipe des FC mit Virtual Reality Technologie. (Bildquelle: © by 1. FC Köln/VR EFFZEH)

Beim Blick voraus in die sportliche Zukunft dürfte den FC-Verantwortlichen auch aufgrund des progressiven digitalen Transformationsweges nicht angst und bange werden. Die eingeschlagenen Wege erscheinen zielführend. Sollte beim FC dann auch noch der Einsparungs-Rotstift an der Online-Abteilungstür Halt machen, so ist davon auszugehen, dass der mögliche sportliche Abstieg in die 2. Bundesliga keinen gravierenden Abstieg auf den digitalen Feldern nach sich zieht.

Passend dazu ist der FC mit einem neuen Shop im Hauptbahnhof Köln präsent, der sich mit digitaler Ausrichtung treffsicher in das Omnichannel-Konzept eingliedert: Im Stadion und Kabinentrakt ähnlichen Fanshop kann der FC-Anhänger an einem Terminal die FC-Artikel online erwerben, wenn diese aktuell nicht im stationären Shop vorrätig sind. Ein weiterer Beleg dafür, dass der FC das Geschenk „Digitalisierung“ erfolgreich an- und auszupacken scheint.

 

Bildquelle Titelbild : © by 1. FC Köln